Das Kunstmuseum Bern zeigt aus Anlass der kommenden Herbstausstellung Kirchner x Kirchner (12.9.2025–11.1.2026) eine umfangreiche Sammlungspräsentation aus seinem Bestand an Schweizer Kunst. Mit ausgewählten Werken von Caspar Wolf bis Ferdinand Hodler eröffnet Panorama Schweiz vom 15. August 2025 bis zum 11. Januar 2026 einen einzigartigen Überblick über Schweizer Kunst aus drei Jahrhunderten.

Ferdinand Hodler. Das Jungfraumassiv von Mürren aus , 1911 Öl auf Leinwand 60 × 90 cm Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesamt für Kultur, Gottfried Keller -Stiftung, Bern
Panorama der Schweizer Kunst
Die Schweizer Kunst bildet einen zentralen Schwerpunkt in der Sammlung des Kunstmuseum Bern. Die Präsentation Panorama Schweiz beleuchtet ausgewählte Aspekte des künstlerischen Schaffens vom späten 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert und zeigt zugleich bedeutende Werkgruppen des Gemäldebestands. Anlass für diese Überblicksausstellung ist die diesjährige Herbstausstellung, die dem deutschen Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) gewidmet ist. In seiner Wahlheimat Schweiz fand Kirchner ab 1917 neue künstlerische Inspiration und Motive. Mit seinen farbintensiven Davoser Berglandschaften knüpfte er bewusst an die Tradition von den Schweizer Kleinmeistern bis zu Ferdinand Hodler an.
Die Ausstellung zeigt symbolistische Figurenbilder von Arnold Böcklin bis Ferdinand Hodler, Genreszenen von Albert Anker bis Max Buri, beeindruckende Berglandschaften von Caspar Wolf bis Martha Stettler sowie Szenen des bürgerlichen Freizeitvergnügens von Cuno Amiet bis Louis Moilliet. So entsteht ein breites Panorama an Künstler:innen und Themen.

Caspar Wolf. Die Schwarze Lütschine, aus dem Unteren Grindelwaldgletscher entspringend, 1777 Öl auf Leinwand, rentoiliert 54 × 82 cm Kunstmuseum Bern, Verein der Freunde Ankauf mit Mitteln aus dem Legat von Anna Adele Burkhart-Gruner
Sehnsüchte und verborgene Wirklichkeiten
Das Kunstmuseum Bern verfügt über einen herausragenden Bestand symbolistischer Werke des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In diesen Bildern suchten Künstler:innen nach verborgenen Wahrheiten und Gefühlen jenseits realistischer Darstellungen. Tänzerische Bewegungen und andächtige Gesten sollten Lebensfreude oder Einheit mit der Natur ausdrücken – wie etwa Giovanni Giacomettis Das Erwachen (1919/1920).

Giovanni Giacometti. Das Erwachen, 1919/1920 Öl auf Leinwand 200 × 135 cm Kunstmuseum Bern, Verein der Freunde.
Vor dem Hintergrund von Industrialisierung und Verstädterung wuchs die Sehnsucht nach spiritueller Verbundenheit von Mensch und Natur. Gleichzeitig entstanden Bildwelten, die sich bewusst von naturgetreuer Darstellung entfernten. Als Gegenpol zum rationalistischen Weltbild entwickelte sich ein Interesse am «Anderen»: dem Unbewussten, Mythischen, Unheimlichen oder Triebhaften. Zu den Höhepunkten der Sammlung zählen Ferdinand Hodlers Die Nacht (1889–1890) und Arnold Böcklins Meeresstille (1887).
Schweizer Lebensrealitäten
Auch viele Schweizer Realisten beschäftigten sich mit der Vergänglichkeit. Der Tod wurde oft als Bestandteil des Alltags dargestellt, etwa in Albert Ankers Die kleine Freundin (1862). Neben religiösen Motiven traten neue Themen auf, wie Annie Stebler-Hopfs Am Seziertisch (um 1889), das das zeittypische Interesse an Medizin und Wissenschaft widerspiegelt.

Albert Anker. Die kleine Freundin , 1862 Öl auf Leinwand 79 × 94 cm Kunstmuseum Bern, Staat Bern
Darüber hinaus gewannen Szenen aus dem Bauern- und Arbeitermilieu an Bedeutung. Sie zeigten Menschen bei der Arbeit, in der Rast oder beim geselligen Beisammensein. Die Landbevölkerung stand dabei sinnbildlich für Bodenständigkeit und Fleiss – Werte, die zu wichtigen Elementen der nationalen Identität wurden. Ein bekanntes Beispiel ist Hodlers ikonischer Holzfäller (1910).
Als prägendes Merkmal der Schweiz spielt die Alpenlandschaft eine zentrale Rolle in der Kunst. Seit der Barockzeit, als Forschende das Hochgebirge systematisch erkundeten, begleiteten Künstler Naturforscher in die Berge und hielten Gipfel, Gletscher und Seen detailgetreu fest – darunter auch Caspar Wolf, ein Pionier der Landschaftsmalerei.
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Alpen auch Ziel touristischer Reisen. Künstler inszenierten sie als idyllischen Rückzugsort mit Hirten, Alphütten und Wanderern. Im 19. Jahrhundert unterstrichen Romantiker wie Alexandre Calame die Erhabenheit der Alpen durch dramatische Licht- und Wetterstimmungen. Später entwickelten Kunstschaffende – allen voran Ferdinand Hodler – die Alpenmalerei weiter, prägten mit abstrahierten Formen und kräftigen Farben ein neues Bild der Schweizer Landschaft, das bis heute wirkt.