Die einzige Backstube der unteren Berner Altstadt

Immer wieder ist von Bäckerei-Schliessungen die Rede. Was aber machen Karin Leuenberger und Patrik Bohnenblust zusammen mit ihrer Tochter Céline denn anders als andere Bäckereien? Wir haben uns auf Spurensuche begeben. Ihr Erfolg – jener ihres ganzen Teams! – liegt nicht nur am feinen Brot oder an den originellen Namen darüber hinaus, wie der Firmenname, «Bread à porter» oder eine ungewöhnliche Stadtführung, die sich «Tour de pain» nennt, sondern...

«Es war an einem unspektakulären Bäckermorgen, als wir uns fragten, wie weich ein Teig eigentlich sein kann? Gesagt, gedacht, getan. Resultat: Das sah ja aus wie ein Kuhfladen! Damit hatte es sich nach dem Backen aber bereits, mit der Ähnlichkeit eines Chueplütters», stellt Patrik Bohnenblust belustigt fest. Ein Farbenspiel von Caramel bis Nussbaum verrät die Röstaromen der Kruste. Die Krume fühlt sich an wie frisches Moos im Sommerwald. Eine dunkle, süssliche Malznote: Der Chueflade ist mit anderen Spezialbroten aus der Altstadt nicht mehr wegzudenken. Das alles ist auf der Homepage «bread-a-porter.ch» zu lesen. Bekannt: Was lange gärt, wird besser. In der Backstube an der Münstergasse gezogen, ist der Sauerteig die treibende Kraft einer Reihe von Broten, die als Signatur-Brote für eine Hommage an die Berner Altstadt stehen. Wie der Bsetzi, der wie ein Pflasterstein aussieht. Oder der Pläfeflade. Allein schon diese Einführung beweist, was die Bäckerei anders macht. Es sind Geschichten, die mithelfen, die Brote zu verkaufen.

«Tour de pain»
Patrik Bohnenblust, der Berner Brot-Sommelier, der aus der gleichnamigen Bäckersfamilie stammt, geht noch den berühmten Schritt weiter. Regelmässig verbindet er Brotgenüsse mit Bäcker- und Brotgeschichten bei seiner «Tour de pain» in der Berner Altstadt. Wie hat der Stadtbrand von 1405 die Bäckerlandschaft verändert? Welche Gemeinsamkeiten hat die Junkerngasse mit dem Junkerbrot? Wir haben uns einer Gruppe von 13 Interessierten angeschlossen, die meisten davon durchaus mit einer Ahnung von Brot.
«Tell a story» ist das Fundament für jeden erfolgreichen Verkauf, ganz gleich, ob von Dosensardinen oder einem schnittigen Sportwagen. Diese Weisheit macht sich Patrik Bohnenblust zunutze, wenn er mit Glockenschlag um 18 Uhr vor dem Zytglogge die Tour-Teilnehmenden ein erstes Mal zur Degustation bittet. Die vielen Touristen wundern sich. Im Laufe der knapp dreistündigen Tour gibt es weitere Haltestellen (und Degustationen) an der Münstergasse, auf der Pläfe, der Münsterplattform, vor dem Gschpängschterhuus an der Junkerngasse, beim Moses-Brunnen und finalement in seiner Backstube, wo sich alle wundern, wie auf einer derart kleinen Fläche seit 1862 eine derart grosse Anzahl Brote gebacken werden kann.

Gelagert unter dem Zytglogge-Uhrwerk
Was ihm wichtig ist: Alle Zutaten kommen aus der Region, vom Mehl bis hin zum Senf und der Mayonnaise, denn nebst Brot gibt es im Laden weitere gluschtige Sachen zu kaufen, wie zum Beispiel den Zytglogge- und den Münsterstollen. Detail am Rande: Die Stollen werden frühzeitig gebacken und dann unter dem Zytglogge-Uhrwerk und unter den Münsterglocken zwischengelagert. Kein Fake. 100% Bärn. Übrigens. Im offiziellen Dienstbüchlein von Patrik Bohnenblust steht zu lesen: «Ausgebildeter Sauerteig-Spezialist der Schweizer Armee». Sy no Frage?
Die «Tour de pain» ist faszinierend, nicht bloss der Brote und Örtlichkeiten wegen, sondern, weil Brot-Sommelier Patrik Bohnenblust interessante Informationen weit über das Gastronomische und die Geschichte des Brotbackens hinaus zu erzählen weiss.
Stimmt, liebe Lesende, es gäbe noch viel mehr über Brot zu erzählen, respektive zu schreiben. Wenn da bloss nicht das Platzproblem wäre... Auf seiner Webseite bread-a-porter.ch sind alle Aktivitäten aufgeführt.

 PANEM ET CIRCENSES
«Bei der Ausbildung zum Sommelier habe ich Brotsorten aus aller Welt kennengelernt», sagt Patrik Bohnenblust. Mit diesem Wissen hat er auch in Richtung der Fussball-EM der Frauen geschaut, besser gesagt, gebacken.

Der Clou: Vor dem Beginn des Gossanlasses hat er sämtliche Berner Botschaften der in Bern spielenden Länder angefragt, ob sie bereit seien, ein typisches Rezept aus ihrem Heimatland zu verraten. Und siehe da! Die Diplomaten haben mitgemacht. Mehr noch: Die Ambassadoren persönlich haben die Bäckerei aufgesucht, so auch Julio Jose de Oliveira Carranca Vileta aus Portugal. Patrik Bohnenblust: «Ich habe meinen Augen nicht getraut, als die gewaltige Masse von gekochter Polenta mit Roggen trotz meiner Bedenken tatsächlich in der Form Platz fand.» Als es später ans Anschneiden ging, hallte ein lautes «Stopp» durch die Backstube, weil der Botschafter meinte, Brot esse man auch mit den Ohren. «Hört mal, wie sich die Kruste anhört. So tönt gutes Brot.»

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